Wenn die Frau untröstlich ist: Auch Männer kennen Ohnmacht
Gießen/Würzburg (dpa/gms) - Männer können quasi alles: Weltraumraketen bauen, Gartenbuden zimmern und dem kleinen Sohn das ferngesteuerte Auto reparieren. Doch es gibt Momente, die auch gestandene Herren der Schöpfung in tiefe Hilflosigkeit stürzen.
Wenn etwa die Liebste vom Friseur kommt, kann er bisweilen sagen, was er will, kann loben, trösten oder dem Barbier Klage androhen - alles wird mit Weinkrämpfen beantwortet. Wenn Frauen von einem Moment auf den anderen untröstlich sind, ist in der Regel die Bühne für ein Drama eröffnet.
Hintergrund von Vorwürfen seien in der Regel romantisch überhöhte Beziehungsbilder auf Seiten der Frau, vermutet die Paarberaterin Nathalie Krahé aus Gießen. "Von all diesen märchenhaften Prinzen- und Prinzessinnenstorys mit dem weißen Pferd, in denen er und sie sich blind und wortlos verstehen, sind leider viele beeinflusst." Es seien vor allem diese Frauen, die dann indirekt den Partner für ihre schlechten Gefühle verantwortlich machen.
"Oft ist so eine Situation schnell erledigt, wenn Paare es schaffen, ein offenes Gespräch zu führen", sagt Stefan Oschmann, Psychotherapeut aus Würzburg. "Männer nehmen sich aber oft keine Zeit dafür." Die wenigsten beherrschen solche Gespräche gut, sagt auch Prof. Peter Kaiser, Familienpsychologe an der Universität Vechta in Niedersachsen.
Hintergrund ist nach Worten von Nathalie Krahé ein "klassisches Kommunikationsproblem" von Männern und Frauen: Viele Frauen seien dazu erzogen worden, möglichst nicht gerade heraus zu sagen, was sie wollen - Jungen dagegen würden von ihren Eltern ständig dazu ermuntert.
Und daher wüssten diese dann in späteren Jahren nicht, wie sie mit einer am Boden zerstörten, aber schweigenden Freundin umgehen sollen. Ausdruck einer Beziehungskrise müsse das gar nicht unbedingt sein. Die Hintergründe sind vielfältig, von Stress und Überforderung bis hin zu Machtkämpfen.
Aber was auch immer der Grund ist: "Meist bekommt es der ab, der uns am nächsten steht", sagt Kaiser. Wichtig sei es dann zunächst, dass Männer das nicht persönlich nehmen. Auch ein wenig Abwarten könne oft Wunder bewirken. Wenn dann immer noch kein Gesprächsangebot kommt, sollte der nächste Schritt aber darin bestehen, das Gespräch von sich aus zu suchen.
Dabei sei es wichtig, keine Ratschläge zu erteilen. Deutliche Worte sind aber durchaus erlaubt. Denn auch das Einmischen mit klaren Ansagen zeige schließlich das Interesse am Anderen. "Anteilnahme ist hilfreich - Sie dürfen den anderen nicht ganz im Stich lassen, denn es geht ihm ja schließlich nicht gut", sagt Peter Kaiser.
"Ganz weg zu gehen kann als klare Abwendung und Desinteresse verstanden werden", sagt auch Krahé. Es sei daher richtig, dem Anderen zumindest in kleinen Dosen seine Gesprächsbereitschaft anzubieten. Dennoch gibt es zeitliche Grenzen auch für die direkte Zuwendung, findet Stefan Oschmann. Den wirklichen Grund in der jeweiligen Situation herauszufinden könne Männern zwar niemand abnehmen. "Es hilft aber nichts, die ganze Zeit vor der geschlossenen Tür stehen zu bleiben. Gehen Sie lieber einen Kaffee trinken, bis Ihre Freundin sich wieder beruhigt hat."